Verkehrsentwicklung im österreichischen Schienennetz
Die Marktbeobachtung ist eine der Hauptaufgaben der Schienen-Control. Sie ermöglicht umfassende Analysen des Schienenverkehrsmarktes in Österreich.
Personenverkehr: Erneut Angebotsrekord
Der österreichische Schienenpersonenverkehrsmarkt war nach Jahren stetiger Aufwärtsentwicklung 2020 besonders stark von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie betroffen. Zwar wurde damals beinahe durchgehend ein Grundangebot an Mobilität bereitgestellt, allerdings sank die Nachfrage zwischenzeitlich massiv. Seitdem haben sich alle Leistungsindikatoren durchwegs positiv entwickelt, wobei sie zwischen 2021 und 2022 besonders stark gewachsen sind. 2023 bilanzierte der Personenverkehr abermals sehr erfreulich.
So wurde das Angebot durch Ausweitungen und Taktverdichtungen bei bestehenden Verbindungen bzw. die Einführung neuer Relationen neuerlich umfangreich verbessert. Im Fernverkehr erweiterte die WESTbahn ihre Ende 2022 aufgenommenen Verkehre zwischen Salzburg und Innsbruck, wodurch sie seit September 2023 fünf Züge pro Tag und Richtung zwischen Wien und Tirol anbietet (einer davon wurde im Dezember 2023 bis nach Bregenz verlängert). Auch die ÖBB-Personenverkehr verstärkte ihre Fernverkehrsverbindungen zwischen den österreichischen Ballungszentren, führte Züge ins benachbarte Ausland wieder ein (z.B. zwei tägliche Zugpaare auf der Franz-Josefs-Bahn zwischen Wien und Prag via Gmünd) und weitete bestehende Nachtzugverbindungen aus (darunter bspw. den Nightjet München/Salzburg bzw. Wien – Mailand nach Genua und La Spezia).
Parallel dazu wurden verbesserte Anschlüsse zwischen Fern- und Regionalverkehr hergestellt und umsteigefreie Verbindungen in abgelegenere Regionen geschaffen. Im Nahverkehr gab es ebenso etliche Verbesserungen in fast allen Bundesländern, wobei hauptsächlich dichtere Zugintervalle und längere Betriebszeiten sowie zusätzliche Verkehre an Wochenenden umgesetzt wurden. Insgesamt sorgten alle diese Änderungen für ein Rekordangebot von über 132 Millionen Personenzugkilometern österreichweit (rund drei Prozent mehr gegenüber 2022).
Gleichzeitig hat sich auch die Nachfrage sehr gut entwickelt und befand sich ebenfalls auf einem Allzeithoch von 328,3 Mio Bahnreisenden. Der Zuwachs bei der Anzahl an Reisenden betrug mehr als elf Prozent . Das ist einerseits auf den wiederbelebten Fernverkehr und eine wesentliche Zunahme touristischer Bahnfahrten zurückzuführen, andererseits auf hohe Treibstoffpreise und die anhaltende Parkraumbewirtschaftung in Ballungsräumen. Verstärkt wurden diese Effekte durch das im Oktober 2021 eingeführte KlimaTicket, das sich nicht zuletzt aufgrund der oft deutlichen Preisdifferenz zu den regionalen Verbundtarifen entsprechender Beliebtheit erfreut. Ende 2023 waren laut Klimaschutzministerium bereits rund 272.000 Personen im Besitz einer bundesweit gültigen Variante dieses Tickets.
Die Zahl der Eisenbahnunternehmen in Österreich lag Ende 2023 bei 88. Neu hinzugekommen sind gegenüber 2022 einerseits die deutschen Güterverkehrsunternehmen BUDAMAR West, Retrack und smart rail traction sowie das österreichische Unternehmen Graf Railservice, die alle jeweils einen Infrastruktur-Nutzungsvertrag mit der ÖBB-Infrastruktur besitzen. Zudem hat die deutsche TrainLog eine Sicherheitsbescheinigung für Güterverkehre in Österreich erhalten. Schließlich gibt es mit der Schiene Oberösterreich nach längerer Zeit wieder einen neuen, zusätzlichen Infrastrukturbetreiber. Andererseits haben der belgische Incumbent (Bezeichnung für marktbeherrschendes Unternehmen) Lineas und das österreichische Unternehmen twentyone seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2023 keinen gültigen Infrastruktur-Nutzungsvertrag mehr in Österreich. Außerdem wurde über die Grampetcargo Austria ein Insolvenzverfahren eröffnet und die schweizerische Transalpin Eisenbahn liquidiert.
In Summe waren im Berichtsjahr 66 Unternehmen dazu berechtigt, im ÖBB-Netz Züge zu führen. Diese lassen sich wie folgt kategorisieren: Vier gehören zum ÖBB-Konzern, sind also österreichische Incumbents. Zehn weitere sind ausländische Incumbents oder mehrheitlich (mehr als 50 Prozent) direkt bzw. indirekt in deren Eigentum. In Privateigentum (50 Prozent oder mehr) stehen 41 Unternehmen, die übrigen elf befinden sich (zu mehr als 50 Prozent) im Eigentum öffentlicher Institutionen. Sieben Unternehmen hatten die Berechtigung ausschließlich für Personenverkehre, 44 hingegen nur für Güterverkehre und wiederum fünfzehn weitere für beide Marktsegmente.
Schienengüterverkehr: Herausforderndes Marktumfeld
Die wirtschaftliche Lage hat sich 2023 im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert, was sich in weiterer Folge auch auf die Hauptindikatoren des Schienengüterverkehrs ausgewirkt hat. Sowohl Verkehrsleistung (Nettotonnenkilometer, Bruttotonnenkilometer) als auch Aufkommen (beförderte Nettotonnen) sind mit minus fünf bzw. sechs Prozent jeweils im mittleren einstelligen Bereich zurückgegangen.
SIm Gegensatz zu den Vorjahren gab es nur wenige Beschränkungen im internationalen Warenverkehr, allerdings machte dem Schienengüterverkehr eine Vielzahl an anderen Faktoren zu schaffen. So gab es einerseits aufgrund sinkender Industrieproduktion einen konjunkturbedingten Rückgang der Transportnachfrage in Europa. Andererseits setzten sich die 2022 vom Krieg in der Ukraine ausgelösten Verwerfungen auf den Energiemärkten (massive Steigerung der Bahnstrompreise bei gleichzeitig deutlich günstigerer Entwicklung der Mineralölpreise) fort und wirkten sich gemeinsam mit dem hohen allgemeinen Preisniveau auf die Traktionskosten und somit die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen aus. Nicht zuletzt beeinflussten umfassende Infrastrukturarbeiten und baustellenbedingte Umleitungen sowie die teils mangelnde Betriebsqualität im benachbarten Ausland (vor allem in Deutschland) die Planung und Durchführung von Verkehren. Letztlich herrschte weiterhin Mangel an qualifiziertem Personal und ein europaweiter Engpass beim verfügbaren Rollmaterial (Triebfahrzeuge und Güterwagen). Aufgrund all dieser Umstände verstärkte sich 2023 der Verlagerungsdruck hin zur Straße.
Während die Rail Cargo Austria gegenüber dem Vorjahr rückläufige Werte meldete, verzeichnete die Gruppe der Mitbewerber Zuwächse. Dadurch konnten diese ihre Marktanteile bei allen drei Indikatoren weiter ausbauen und die 40-Prozent-Marke überspringen.